Die Region ist permanent in Bewegung
SPD im Regionalverband greift Verkehrsproblematik im Rhein-Main-Gebiet auf
Frankfurt 350.000 Ein- und 80.000 Auspendler in der Mainmetropole Frankfurt nutzen täglich die Straßen- und Schienenverkehrsinfrastruktur in und um Frankfurt. Staus auf der A3 und der A5 stehen auch ohne Baustellen und Bombenfunde auf der Tagesordnung. Zugausfälle und Verspätungen sind auch ohne Lokführerstreiks keine Seltenheit und proppenvolle S-Bahnen und Regionalzüge zur Rush-Hour gehören zum Alltag. Dies alles waren gute Gründe für die SPD-Gruppe im Regionalverband FrankfurtRheinMain, die Verkehrssituation im Rhein-Main-Gebiet aufzugreifen. Unter dem provokanten Titel „Fahrt ins Blaue? - Ist unsere Verkehrsinfrastruktur für die Zukunft gerüstet“, fanden sich zahlreiche Interessierte in den Räumen der Stadtwerke Holding Frankfurt ein, um interessanten Vorträgen zu lauschen und engagiert mit Experten zu diskutieren.
Über Entwicklungstendenzen und Herausforderungen an die Mobilität im Ballungsraum gab zunächst Dr. Peter Sturm vom Zentrum für Integriere Verkehrssysteme (ZIV) einen dezidierten Überblick. „Die Region ist in Bewegung“, dabei verändert sich das Nutzerverhalten zunehmend. Immer mehr Menschen legen ihre Strecken multimodal (in Kombination mehrerer Verkehrsmittel wie Auto, Bahn, Fahrrad) zurück. Neue Medien wie das Smartphone seinen wertvolle Helfer bei der Organisation von Reisen im Nahverkehr. Abseits der Gewährleistung von Mobilität müsse bei einem solch großen Verkehrsaufkommen eine integrierte Betrachtung erfolgen. Luftreinhaltung, Lärmminderung und Energieeffizienz spielten dabei eine genau so große Rolle wie soziale Aspekte. „Für bestimmte gesellschaftliche Gruppen stehen immer weniger finanzielle Mittel für die Nutzung von Verkehrsmitteln jedweder Art zur Verfügung. Alleine die Preissteigerungen bei der Miete und den Wohnnebenkosten verzehren große Teile der Einkommen.“
Für den Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) stellte Dr. André Kavai die Engpässe im Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) des Rhein-Main-Gebiets dar. „Im Grunde genommen sind wir zu den Pendlerzeiten bereits jetzt voll ausgelastet. Die S-Bahnstammstrecke rund um den Frankfurter Knoten ist am Ende ihrer Kapazität längst angelangt, und bei den Zubringerverkehren, die sternenförmig auf den engen Ballungsraum zulaufen ist die Situation auch von Leistungsgrenzen gekennzeichnet.“ Nach Kavai verdient Hessen durch seine exponierte Lage als Zentrum in der Bundesrepublik einen höheren Anteil der Regionalisierungsmittel des Bundes. „Schließlich laufen zwei Drittel des bundesdeutschen Verkehrs durch Hessen. Dies ist Segen und Fluch zugleich, denn nach der Verkehrsprognose 2030 des Bundes sehen alle Verkehrsträger weitere Zuwächse und die Infrastruktur ist nicht mitgewachsen.“
In der anschließenden Podiumsdiskussion - moderiert von FAZ-Journalistin Mechthild Harting - an der auch der Geschäftsführer der Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach (kvgOF) Andreas Maatz und der Landtagsabgeordnete Marius Weiß teilnahmen, wurden die angesprochen Aspekte vertieft. Maatz zeigte insbesondere die Schwierigkeiten bei der Organisation einen Nahverkehrsplanes auf. „Der ÖPNV ist wie ein Konfektionsanzug: Er kann nicht auf die Bedürfnisse des einzelnen zugeschnitten werden. Derzeit besteht die Prämisse, die Menschen möglichst schnell zur Ausbildung und zur Arbeit sowie zurück zu bringen. Gleichzeitig sollen weitere Kundengruppen mit anderen Mobilitätswünschen berücksichtigt werden. Und je weniger Geld zur Verfügung steht, umso schwieriger wird es die Interessen aller zu befriedigen.“ Marius Weiß, Mitglied im Verkehrsausschuss des Landtages, sah die Politik in der Pflicht, mehr für die Entwicklung der anstehenden Verkehrsinfrastrukturprojekte zu tun und entsprechend die Finanzierung sicher zu stellen. Schließlich werde der Rhein-Main-Region - auf Grund der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gerne als „Motor Hessens“ bezeichnet - eine besondere Funktion zugeschrieben.
In ihrer Schlussrunde waren sich die Experten einig: Auch wenn die Maßnahmen wie viergleisiger Ausbau der S6, Regionaltangente West und nordmainische S-Bahn nicht sofort umgesetzt würden, werde sich bereits in den nächsten fünf Jahren vieles verändern: Durch Bereitstellung von Echtzeitdaten an Bahnhöfen und über Mobilfunkgeräte werde der Nutzer „zum Architekt der eigenen Reise“ (Sturm).
Rouven Kötter, als Sprecher der SPD-Gruppe im Regionalverband Gastgeber der Veranstaltung, zeigte sich erfreut über die anschauliche Schilderung der anstehenden Herausforderungen und die lebhafte Diskussion. „Wir werden uns weiter dem Thema widmen und als Regionalpolitiker unseren Beitrag - wenn auch mit beschränkter Zuständigkeit - leisten. Immerhin repräsentiert die Verbandskammer im Regionalverband doch die 75 Kommunen der Metropolregion.“ Bereits im kommenden Frühjahr wollen die Sozialdemokraten ein weiteres Diskussionsforum zu einem regionalen Thema folgen lassen.