Verbandskammersitzung am 6. März 2013
Haushaltsrede 2013 des Gruppensprechers der SPD im Regionalverband Rouven Kötter
Herr Vorsitzender,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
vor etwa einem Jahr haben wir hier anlässlich der Wahl von Ludger Stüve zum Verbandsdirektor und Birgit Simon zur Ersten Beigeordneten ein zerrissenes Parlament vorgefunden. In fast allen Redebeiträgen wurde von dem großen Graben gesprochen, der sich in der Mitte dieses Hauses vorfand. Kollege Dr. Naas von der Unabhängigen Gruppe hatte dies sogar zum Anlass genommen, den Asterix-Band „Der große Graben“ als Wahl-Geschenk mitzubringen.
Ich persönlich bin sehr froh, dass wir diese für den Verband äußerst schwierige Phase erfolgreich hinter uns bringen konnten. Die Zeit, in welcher der Verband sich in der öffentlichen Wahrnehmung, aber auch in der alltäglichen Arbeit, fast ausschließlich mit rechtlichen Streitigkeiten und juristischen Spitzfindigkeiten auseinandergesetzt hat, ist glücklicherweise vorüber.
Man kann rund ein Jahr, nachdem SPD und GRÜNE gemeinsam die Verantwortung in diesem Verband übernommen haben, sagen, dass keineswegs das rot-grüne postkommunistisch-ökodiktatorische Schreckgespenst über die Region hereingebrochen ist, sondern, dass wir vor allem in der parlamentarischen und inhaltlichen Arbeit ein neues, konstruktives, positives Klima im Regionalverband schaffen konnten.
Der vor einem Jahr viel zitierte Graben ist mit zahlreichen kleinen Brücken überwunden worden. Aus politisch gegnerischen Lagern, die sich tief eingegraben und gegenseitig attackiert haben, ist wieder ein konstruktives und arbeitendes Parlament geworden, das sich um die Belange der Region und jeder einzelner ihrer Kommunen sorgt und für ihre Interessen im positiven Sinne streitet.
Das ist aber nicht nur das Verdienst der neuen Mehrheit hier im Haus oder der hauptamtlichen Verbandsspitze, sondern das ist das Verdienst von allen, die hier im Hause politische Arbeit leisten, und dafür möchte ich an dieser Stelle auch ausdrücklich allen Gruppen meinen herzlichen Dank aussprechen.
Der Haushaltsplan 2013, mit dem wir uns heute beschäftigen und der die finanziellen Leitplanken für das Handeln des Verbandes im Jahr 2013 darstellt, bietet wenig Raum für Diskussionen und inhaltliche Angriffspunkte. Das hat sich auch in den Haushaltsberatungen im Haupt- und Finanzausschuss deutlich gezeigt. Vielmehr ist es so, dass dieser Haushalt das Notwendige darstellt und die aktuelle Leistungsfähigkeit des Verbandes insbesondere durch Haushaltsausgabereste, sichert.
Verbandsdirektor Ludger Stüve hat einen soliden Haushalt auf die Beine gestellt, der die Finanzierung des Verbandes in 2013 sicherstellt, ohne die Verbandsumlage für die Mitgliedskommunen zu erhöhen. Das war uns als SPD-Gruppe äußerst wichtig.
Herr Stüve hat in seiner Haushaltsrede klar gemacht, dass der Regionalverband sparsam mit den finanziellen Mitteln umgehen muss. Auch der Regionalverband hat sich zu orientieren an dem Notwendigen und Machbaren, nicht an dem Wünschenswerten.
Wenn wir jedoch auch in kommenden Haushalten eine Erhöhung der Verbandsumlage verhindern wollen, dann müssen wir die Frage nach den erforderlichen Aufgaben und der erforderlichen Qualität der Arbeit des Regionalverbandes stellen.
Ich wage nicht vorherzusagen, ob auch zukünftig eine Erhöhung verhindert werden kann. Was ich jedoch vorhersagen kann, das ist die Tatsache, dass die SPD-Gruppe es sich bei diesem Punkt nicht leicht machen wird. Wir stehen alle in kommunaler Verantwortung und kennen die Sorgen und Nöte der Städte und Gemeinden. Einen leichtfertigen Griff in ohnehin leere kommunale Taschen wird es mit uns nicht geben.
Wenn wir es allerdings ernst meinen mit einem Regionalverband, der die Interessen dieser Region vertritt,
der als Dienstleister für die Kommunen arbeitet,
der sich um akute Themen wie Wohnungsnot, Mobilität und Demografischer Wandel kümmert –
wenn wir einen Regionalverband wollen, der im Interesse der Mitgliedskommunen mehr macht als „nur“ Regionale Flächennutzungsplanung,
dann muss uns auch klar sein, dass dieser Anspruch nicht zum Nulltarif zu haben ist.
Aus diesem Spannungsfeld ergibt sich eine anspruchsvolle und reizvolle Aufgabe für die Haushaltsberatungen 2014.
Diese Beratung und die vorhergehenden Arbeiten sind außerdem eingebettet in ein sehr spannendes Zeitfenster.
Die Austritte verschiedener Gebietskörperschaften aus regionalen Gesellschaften und der beherzte Vorstoß von Verbandsdirektor Stüve haben eine äußerst interessante Diskussion in der Region in Gang gesetzt.
Welche Aufgaben wollen wir regional erledigen?
Welche Möglichkeiten bietet uns hierzu die gesetzliche Grundlage?
Wer will, wer soll daran teilhaben?
Wie soll das Ganze finanziert werden?
Eine wirklich lohnende Aufgabe, die hier auf dem Arbeitstisch der Region liegt. Es gab dazu schon verschiedene Anstöße, darunter auch ein viel gelobtes Papier aus der Stadt Frankfurt.
Ich persönlich finde es gut, dass die Stadt Frankfurt in dieser Angelegenheit parteiübergreifend mit einer Stimme spricht.
Der Entwurf, der dabei veröffentlicht wurde, ist meines Erachtens jedoch noch nicht der endgültige, große Wurf, als der er in der Presse teilweise gefeiert wurde.
Es ist ein richtiges und gutes Signal, dass die Stadt Frankfurt gemeinsam mit der Region über die Neustrukturierung der regionalen Gesellschaften beraten will. Ich bin mir sicher, dass dieser Arbeitsprozess unter der Führung von Verbandsdirektor Ludger Stüve zum Erfolg gebracht wird. Das Ziel muss es sein, die vorhandenen Strukturen aufzubrechen und sie effektiver und effizienter zu gestalten. Auch dies kann ein Beitrag zur Einsparung von Kosten sein, der nicht zu Lasten der Qualität gehen muss.
Ich appelliere hierbei an alle Beteiligten, egal ob Landräte, Oberbürgermeister oder sonstige politische Akteure der Region. Nutzen Sie diesen Prozess nicht für persönliche Profilierung oder Kostensenkung nach Kirchturmsprinzip. Es bietet sich uns hier die große Chance, die Region Frankfurt/RheinMain nach innen zu stärken und nach außen wettbewerbsfähiger zu gestalten.
Bitte verspielen Sie diese Chance nicht.
Neben der Neuordnung der regionalen Gesellschaften ist die Erstellung des Teilplanes Windenergie sicherlich das beherrschende Thema in der öffentlichen Wahrnehmung. Die Windenergie ist nach wie vor ein sehr emotionales Thema, bei dem sich die Politik teilweise noch in Glaubenskriegen befindet, während sie von der Realität bereits überholt wird.
So sind wir momentan in der paradoxen Situation, einen Teilplan Windenergie für den regionalen Flächennutzungsplan zu erarbeiten, der Windvorrangflächen vorsieht, die anschließend eine Ausschlusswirkung auf andere Flächen haben sollen.
Während wir daran arbeiten, sind Windkraftunternehmen landauf/landab aber bereits längst dabei, sich die lukrativen Flächen zu sichern und BImSch-Verfahren nach § 35 BauGB anzustoßen. Windvorrang- oder Ausschlussflächen spielen dabei keine Rolle.
Diese rechtliche Situation ist ein desaströser Zustand, denn er gibt den Kommunalpolitikern keine Möglichkeit, aktuell steuernd auf Windkraftanlagen einzuwirken, es sei denn, es sind kommunale Flächen betroffen.
Dieser Zustand des unkoordinierten Vorgehens erinnert ein bisschen an den Wilden Westen. Die Unternehmen reiten ins Land, stecken ihren Claim ab, sichern sich die Goldgräberrechte, verwirren den Grundstückseigentümern mit horrenden Summen den Kopf, und der Sheriff sitzt auf seiner Veranda und kann dabei nur zusehen.
Diese Situation, meine Damen und Herren, haben wir der konservativen politischen Mehrheit der vergangenen Legislaturperiode in diesem Hause zu verdanken.
Es ist deprimierend, als Kommunalpolitiker zusehen zu müssen, wie vor Ort Fakten geschaffen werden und Gewinne in private Taschen statt in öffentliche Kassen gehen, während man auf regionaler Ebene versucht, einen steuernden Plan für die Windenergie zu erarbeiten, wohlwissend, dass man stets uneinholbar fünf Schritte hinter der Realität hinterherhinkt.
Das wäre zu vermeiden gewesen, wenn die konservative Verbandsspitze und die konservative Mehrheit in diesem Haus das Thema Windenergie von Anfang an ernst genommen und seriös bearbeitet hätten.
Sie wollten die Verspargelung verhindern und haben dem Wildwuchs damit Tür und Tor geöffnet.
Nun können wir, die rot-grüne Koalition, die Suppe auslöffeln, die Sie uns eingebrockt haben.
Gemeinsam mit Ludger Stüve, Birgit Simon und den engagierten Mitarbeitern der Verwaltung arbeiten wir daran, der Politik das Heft des Handelns zurückzugeben.
Dabei weiß ich sehr wohl, dass es unterschiedliche Meinungen zum Thema Windkraft gibt. Mein Opa beispielsweise lehnt die Windräder aus ganz banalen Gründen ab. Er sagt, ihm gefallen sie nicht, sie stören sein Empfinden der Wetterauer Natur. Das muss ich akzeptieren, und darüber braucht man auch nicht diskutieren.
Mich persönlich stören sie nicht. Ich finde die Windmühlen optisch wesentlich angenehmer als die großen Strommasten, an die wir uns längst gewöhnt haben.
Unabhängig davon, ob man Windräder mag oder nicht mag,
unabhängig davon, ob man Windenergie für sinnvoll erachtet oder nicht, muss es der Anspruch eines jeden Kommunalpolitikers sein, dass die Entscheidung darüber, wo ein Windrad hinkommt oder nicht, keinesfalls primär nach privatwirtschaftlichen Interessen entschieden wird.
Es muss der Anspruch eines jeden Kommunalpolitikers sein, dass die Entscheidung darüber von demokratisch legitimierten Parlamenten getroffen wird. Ich hoffe, dass wir diesen Zustand baldmöglichst wieder erreichen werden und ich hoffe, dass es dann nicht zu spät ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Haushaltsplan 2013 selbst ist ein nüchternes Zahlenwerk.
Er alleine garantiert keineswegs eine erfolgreiche Arbeit.
Er ist lediglich das Fundament, auf dessen stabiler Grundlage die Verbandsspitze und die Verwaltung nun arbeiten können.
SPD und GRÜN+ haben 2011 einen Koalitionsvertrag geschlossen. Darin steht: Wir wollen die Region zu einer wirtschaftlich starken und beispielhaft nachhaltig orientierten europäischen Metropolregion mit hoher Lebensqualität und sozialer Gerechtigkeit weiter entwickeln.
Dieses große Ziel ist kein Automatismus und wird nicht sofort erfüllt sein, wenn wir diesen Haushaltsplan beschließen, aber dieser Haushaltsplan bietet eine gute Arbeitsgrundlage, um an der Erreichung dieses Zieles weiter zu arbeiten.
Ich bitte Sie alle um Ihre Zustimmung.
Packen wir es gemeinsam an.
Glück auf!